Sonntag, 1. November 2015

Kunst & Kultur am Wochenende


Arbeit, vergnügte, an einem Theater im Brandenburgischen, und in Folge von Spielplaneigenheiten, die Möglichkeit Samstag & Sonntag in Berlin zu verbringen. Auch dann viel zu tun, fast zu viel, aber Freunde & Familie können gesehen und nicht nur telefonisch gehört oder digital erlesen werden, und Berlin mit Freizeit oder in diesem Fall auch ohne, aber mit dringendem Bedürfnis nach "Kultur", oder nennen wir es banaler, Futter und genügend Geld für die Eintrittskarte, ist ein Paradies.

Zwei Wochenenden, drei bürgerliche Amüsierangebote der hohen und einmal Fernsehen der besten Art. Ich habs doch ganz schön gut.

Die Berliner Festspiele präsentieren:

Im Gropiusbau
Von Hockney bis Holbein

Die Sammlung Würth in Berlin

Herr Würth produziert Schrauben, sehr viele Schrauben und er sammelt Kunst.
Wiki schreibt: Die Würth-Gruppe ist eine weltweit operierende, vornehmlich im Großhandel mit Produkten der Befestigungs- und Montagetechnik tätige Unternehmensgruppe. Sie entwickelte sich aus der Adolf Würth GmbH & Co. KG mit Sitz in Künzelsau. 
Künzelsau, Sprechtrennung nach dem s, nicht davor!
Und über die Sammlung Würth finde ich Folgendes: Die Sammlung Würth, angelegt von dem Unternehmer Reinhold Würth, ist eine der größten und bedeutendsten Privatsammlungen von Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts in Deutschland. Sie umfasst über 15.000 Werke, insbesondere der klassischen Moderne, aber auch der Renaissance.
Und er hat gesammelt. Ein Saal voll Max Ernst, mexikanische moderne Malerei gleich nebenan, Installationen, Skulpturen, Madonnen, Pop-Art und Luther und was das Zwanzigste Jahrhundert nur zu bieten hat. Die Kunstgeschichte Europas und der Amerikas auf Speed. Vieles ist toll, manches einfach viel. 
Und als allerletztes eine Madonna mit Kind von Grünewald. Aus Holz, vielleicht gab es eine Plünderung oder ein Feuer, ihr Gesicht ist gespalten, sie ist verletzt. Aber das Kind ist schön und ihr Blick ernst und leicht herausfordernd. Herzzerreißend. 

Im Haus der Berliner Festspiele in der Schaperstrasse
Nederlands Dans Theater
Shoot the Moon

Stop-Motion
Solo Echo
Choreographie von Sol León und Paul Lightfoot und Crystal Pite

Die Körper der Zukunft, die schon jetzt ist. Perfekt. Wunderschön. In Momenten schien es als tanzten die Tänzer im rasend schnellen Vorlauf. Nur selten sah, spürte man noch Unterschiede zwischen den Geschlechtern der Tanzenden, Frauen wie Männer, stark, schnell, geradezu irreal flexibel und in völliger Kontrolle. Allerdings sind die Achseln der Männer unrasiert. Doch bei aller Hochachtung, war es doch als würden einen Teil des Abends kybernetische Androiden tanzen. Kein Sex, kein bisschen Dreck, kein Schweiß, keine Irritation. Nur dann und wann, besonders wenn, so vermute ich, Parvaneh Scharafali tanzte, wurde es weit und wahr. Vermute ich, weil das Licht, mein Sitz im Rang und die Nichtbenennung der Tänzer auf den Photographien keine sicherere Aussage zuläßt.


Shoot the Moon © Rahi Rezvani

Und auf Netflix
Die Brücke – Transit in den Tod
eine mehrteilige dänisch-schwedisch-deutsche Kriminalserie
geschrieben von dem Schweden Hans Rosenfeldt mit Sofia Helin & Kim Bodnia.

Fast alle meine fernsehguckenden Bemühungen um Tatorte oder Polizeirufe verrecken nach circa 30 Minuten in unerträglichen Erstickungsgefühlen durch Sozialgewissensüberbelastung und Ungeduld ob bräsigem Erzähltempo. Depressive Täter treffen auf genauso erschöpfte Kriminalisten, die Welt ist grau und nicht gut. Ach nein, wirklich? Abschalten.
Und was machen die schwedisch-dänischen Krimimacher? Sie erzählen eine spannende Geschichte mit interessanten, eigenartigen, glaubhafte Figuren, denen ich gerne zuschaue, weil ich nicht weiß, wohin sie sich entwickeln werden und es wissen will. Sie schaffen es, dass mir ein verstörendes und krasses Gesellschaftsbild gezeigt wird, aber eben als notwendiger Teil der Handlung, nicht als Überschrift, Kommentar oder wabbeliger Zeigefinger. Die Junkies hier sind spezifische Menschen, nicht Sozialstudien, die Millionäre haben mehr zu bieten, als ihren Reichtum, sie sind unterscheidbar von anderen Reichen. Zwischen den Figuren findet überraschende Interaktion statt. 
Kunst kommt von Können, nicht von Wollen, sonst hieße es Wunst. Alter Witz, aber wahr nichtsdestotrotz. 
Und da ist Sofia Helin, als Saga Norén, eine autistische Ermittlerin, oder genauer, sie hat, im Film unbenannt, das Asperger Syndrom. Oscar, Lola, Palme - egal, sie sollte alle bekommen. Ganz ohne Druck, ohne Koketterie erlebe ich eine Frau, die Emotionen nicht lesen kann. Sie will und kann nicht. Sie muß allen Regeln folgen, ist brilliant, clever, schön und vollends einsam, ohne es selbst zu wrealisieren. Unglaublich. Und es wird kein Witz daraus gemacht und ist witzig. Und weil sie nicht gesellschaftsüblich fühlt, sieht sie Dinge und benennt sie, die die anderen verdrängen, und das macht sie wiederum zu einer guten Polizistin. Ein Reichtum an Details.

   Sofia Helin as Saga Nor in The Bridge. 
Photograph: BBC/ZDF/Carolina Romare 

Und heute, nicht von den Festspielen, aber im Kino in den Hackeschen Höfen
Macbeth OmU
von Justin Kurzel
mit Michael Fassbender und Marion Cotillard

Doch fürcht’ ich dein Gemüt;
Es ist zu voll von Milch der Menschenliebe.
Lady Macbeth 1.Akt 5.Szene 

Mal gucken!
 

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