Dienstag, 20. November 2012

Mal eine kleine Frage: Was ist Kunst?



Heute im Hamburger Bahnhof - so viel Verschiedenes - ein düsterer beängstigender Kreuzgang von Bruce Nauman, ein beiges Kind vor einem Tisch mit beiger Tischdecke von Martin Honert, ein ganzer Saal vollgebaut von einem Vater/Sohn Gespann namens Roth mit verspieltem Zeugs und Müll und Überraschungen, man möchte gern drin spielen, aber darf es natürlich nicht. "Abstand halten!" -  mit den Worten bin ich heute mehrmals zurechtgewiesen und einmal sogar angebellt worden. 
Dann die Sammlung Marx und da im hintersten Raum drei Stücke von Anselm Kiefer, ein Flugzeug, eine verbrannte Wand und Lilith am Roten Meer - gigantisch, beidseitig eingerollt, wie eine Thorarolle, eine Felsmauer mit fliegenden Kleidern, Mädchenkleidern, Bändern und einem schweren Mantel mit schwarzer Haarsträhne. Ganz warm wurde es mir da. Auch, wenn ich wieder nicht berühren durfte. Abstand halten! 


 Anselm Kiefer Lilith am Roten Meer

Detail

Aber in vielen Sälen (Sääle wäre schöner, finde ich.) mußte ich nicht aufgefordert werden, Abstand zu halten, da wollte ich ihn eher noch vergrößern. Was war das? Was soll das? Wozu ist das? Wen interessiert das? Völliges Unverständnis, manchmal Verärgerung und eine tiefes Gefühl von Hilflosigkeit und definitiv kein Gefühl provoziert zu werden oder konfrontiert, höchstens irritiert. Da stand dann in einer der Hallen ein gewöhnlicher weißer Plastikschreibtisch. Und vielleicht beschreibt es meinen Verwirrungszustand zur Frage: Was ist Kunst?, am genauesten, wenn ich zugebe, dass ich einen Moment lang ängstlich geschaut habe, ob ein hinweisendes Schild, mir auch diesen Tisch als Kunst ausweisen würde. 

Über Geschmack läßt sich streiten, was dem einen sein Uhl..., blablabla. Aber gibt es nicht irgendeinen irgendwiegearteten Maßstab, nein, Maßstab ist ein blödes Wort, also gibt es erkennbare Hinweise, Indizien, die mir helfen würden Kunst von prätentiösem Mist zu unterscheiden? Bei moderner bildender Kunst mangelt es bei mir an den ordnenden Koordinaten, dem Feuilleton traue ich nicht und nur auf meinen Bauch zu hören, scheint mir gefährlich. Der ist an andere Kost gewöhnt und meckert vielleicht nur, weil er es nicht kennt. unter dem Motto: was der Bauer nicht kennt, isst er nicht. Wer weiß Hilfe?

Gut, Kunst ist Kunst, nicht wahr? Doch, andererseits, Wasser ist Wasser. Und Osten ist Osten und Westen Westen, und wenn du Heidelbeeren nimmst und sie mit Apfelmus kochst, schmecken sie mehr nach Pflaumen, als es Rhabarbar tut. Jetzt sage mir was du weißt.
Groucho Marx



Und zum Nachtisch ins Guggenheim zum alte Bekannte anschauen, und ein paar neue zu finden und zwei-, dreimal verliebt Bilder anzugrinsen.
 
Wo beginnt die Tapete, wo endet die Frau? 


Pierre Bonnard 1934–35
Grande salle à manger sur le jardin - Speisezimmer mit Garten  

 

1 Kommentar:

  1. Eine schwere Frage:
    Wie hältst du's mit der Religion?
    Eine leichte Aufgabe:
    Zeig mit deiner Körperhaltung, ob du im Hamburger Bahnhof bist oder bei Guggenheim. Bühnenbild brauchen wir nicht.

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