Montag, 26. September 2011

ROT - Schiele - Goethe

Wally in roter Bluse mit erobenen Knien 1913
Rote Bluse, rötliche Spitzenhöschen, Strümpfe und Schuhe, erhobene Knie mit übereinandergeschlagenen Füßen und dieser Blick! Müde Einladung, lässige Resignation oder Provokation mit angedrohter Verweigerung? Was wird da gleich geschehen?


Sah ein Knab' ein Röslein stehn,
Röslein auf der Heiden,
war so jung und morgenschön,
lief er schnell, es nah zu sehn,
sah's mit vielen Freuden.

Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.

Knabe sprach: „Ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!“
Röslein sprach: „Ich steche dich,
dass du ewig denkst an mich,
und ich will's nicht leiden.“

Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.

Und der wilde Knabe brach
's Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und stach,
half ihm doch kein Weh und Ach,
musst' es eben leiden.

Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.

Johann Wolfgang von Goethe

Postkarte von Albrecht & Meister, Aktiengesellschaft Berlin-Reinickendorf-Ost. Nr. 1 handkoloriert

Hochrot

Du innig Rot,

Bis an den Tod
Soll meine Liebe Dir gleichen,
Soll nimmer bleichen,
Bis an den Tod,
Du glühend Rot,
Soll sie Dir gleichen.

Karoline von Günderode

5 Kommentare:

  1. Goethe, wunderbarer Dichter, Mistkerl. Friederike Brion blieb, nachdem der Student Goethe sie als junges Mädchen geliebt und verlassen hat, lebenslang unverheiratet. Aber der Mann ist es, dessen Weh und Ach am Ende des Gedichts, das Goethe ihr schrieb, beklagt wird. Schlechtes Gewissen wird zu Lyrik, das Mädchen versauert und wir singen dazu.

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  2. Ich bin mir da nicht so sicher. Wenn ich es jetzt so kalt lese, klingt es, wie das Geständnis einer Vergewaltigung.

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  3. Ja, in irgendeinem Grad, psychisch oder phisch war es wohl auch so. Ein Pfarrerskind auf dem Dorf, dann kommt so ein umwerfender junger Mann und küsst und redet das verknallte Mädchen in die leibliche Liebe. Und nach dem ersten Rausch weiß er, er will sich nicht binden. Das chlechte Gewissen bleibt. Dauerthema in der Sesenheimer Lyrik und den frühen Dramen.

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  4. Ah, sein Weh und Ach meinst du, o ja,klar, sein, des Rösleins, nicht sein, des Knaben. Ich hatte es lange Jahre nicht mehr aufmerksam gelesen. Die Sesenheimer Lyrik weckt in mir sofort feministische Regungen. (Das Ende von 'Willkommen und Abschied' 'Das Veilchen'...) Es ist so ungerecht. Für den Künstler wurde die kurze Liebe Erlebnismaterial, das er zu Dichtung verarbeitet, den Mädchen blieb ein zerbrochenes Leben.

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  5. Bei Schiele ist es anders. Da sehe ich, auch wenn er Frauen zeichnet oder malt, fast immer die männliche Not.

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